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Textauszüge

Auf diesen Seiten habe ich Ihnen einige wenige Texte zu unserem Thema zusammengestellt.

 

Ablassraten!

Aus der Instruktion Erzbischof Albrechts an die Ablasskommissare (1517)

Um die Gnade der vollkommenen Sündenvergebung zu erlangen, soll jeder, der gebeichtet hat oder zum mindesten die Intention hat, zu gehöriger Zeit zu beichten , in jeder der 7 Kathedralkirchen in Rom je 5 Pater Noster und 5 Ave Maria beten. Wenn er aber aus gewisser Ursache verlangt, dass ihm die Romreise erlassen wird, kann das geschehen, jedoch muß dafür eine Kompensation in einem größeren Betrag erfolgen.

 

Taxen je nach Stand und Vermögen:

Könige, Fürsten, Bischöfe                25 rhein. Gulden

Grafen, Prälaten, Adel                     10 rhein. Gulden

Adel mit geringerem Einkomme n    6 rhein. Gulden

Bürger und Kaufleute                     3 rhein. Gulden

Handwerker                                   1 rhein. Gulden

 

Der Ablaß behält seine Kraft,

der Ablassbrief kann auch für Verstorbene gekauft werden,

die im Fegefeuer sind.

(Robert Stupperich (1972), S. 167)

 

Apothekenpriveleg

1520 privilegierte Friedrich der Weise seinem „lieben Getreuen“ Lucas Cranach die Apotheke am Markt von Wittenberg, die bis ins 19. Jh. hinein im Besitz der Cranachiden blieb und von ihnen betrieben wurde.

... Nachdem unser lieber Getreuer Lucas Cranach Maler die Apotheke in unserer Stadt Wittenberg an sich und seine Erben gebracht (hat) und eine Apotheke schwerlich ohne sonderliche Freiheit stattlich mag erhalten werden, wie denn solche Apotheke weiland bei dem hochgelehrten Martinus Polagk, Doktor (d. i. Doktor Martin Pollich von Mellerstädt, kurfürstlicher Leibarzt), (der) derselben Apotheke Aufrichter und erster Besitzer gewesen, auch Freiheiten gehabt. So haben wir gedachtem Lucas Cranach und seinen Erben mit Vorwissen unserer lieben Getreuen, des Rates zu Wittenberg, auch Privilegia und Freiheiten, damit sie solche Apotheke gemeinem Nutzen und einem jeden, der der notdürftig zu brauchen, erhalten mögen, gnädiglich verschrieben und gegeben. Verschreiben und geben ihnen die hiermit in kraft dieses unseres Briefes, und nämlich dergestalt, dass in unserer Stadt Wittenberg keine andere Apotheke, in Ansehung der Unkosten, damit diese Apotheke im Wesen muß erhalten werden, ohne Lucas Cranachs und seiner Erben Wissen, weil sie dieser Apotheke Besitzer sind, soll aufgerichtet werden. ...

Für das andere so soll kein Einwohner oder fremder Krämer zu Wittenberg gestoßenes Gewürz, Konfekt, Zucker, Tiriack und gefärbtes Wachs und noch anderes, so man sonderlich in der Apotheke gebraucht, feil haben oder verkaufen; ausgeschlossen in den freien Jahrmärkten soll solches und anderes einem jedermann, solange der Jahrmarkt währt und nicht länger, feil zu haben frei sein. Und nachdem man in der Apotheke süßen Weines nicht entraten mag, damit nun daran auch nicht Mangel sei, so sollen Lucas oder seine Erben, wenn ein Rat zu Wittenberg in ihrem Keller nicht süßen Wein schenkt, Macht haben, in der Apotheke zu schenken, doch auf Entrichtung gebührlicher Pflichtung.

... Nachdem aber Lucas Cranach zu der Apotheke nicht geschickt (ist) und mit anderen Händeln umgeht und die Apotheke mit Knechten bestellt, so soll er die Zeit, (die) weil er die Apotheke innehat, wie ein anderer Bürger zu Wittenberg in Reisen, die vorfallen zu folgen schuldig sein. ...

(Lüdecke, Heinz (1953): Quellentexte, S. 60 - 62)

 

Druckprivileg

1525 privilegierte Johann der Beständige Lucas Cranach und Christen Döring den Bibeldruck.

... Nachdem uns unsere lieben Getreuen Lucas Cranach und Christen Döring, beide unsere Bürger  zu Wittenberg, zu erkennen gegeben (haben), wie wir denn das zuvor auch genugsam berichtet worden, dass sie eine Zeither zur Anrichtung des Druckes in unserer Stadt daselbst zu Wittenberg, damit die Bibeln, Neues und Altes Testament, auch andere Bücher göttlicher und heiliger Schriften soviel desto mehr gefördert werden möchten, etwas Merkliches (von) ihrer Nahrung (d. i. ihrem Einkommen) (daran) gewandt (haben), und sonderlich hätten sie jetzt neulich Gott zu Lob und Ehre auch der gemeinen Christenheit zugut das obberührte Neue und Alte Testament kastigiert (d. i. verbessert) und also von neuem (in )lateinischer Sprache gedruckt. Und ob sie wohl gehofft, sie wollten sich mit der Zeit ihres Geldes, so sie zur Förderung solchen Werkes dargewandt (d. i. angewandt), wiederum erholt haben , so werden ihnen doch gemeiniglich die Exemplare, eher und zuvor sie solche in Druck gebracht (haben), heimlich entwendet gedruckt, und also die Bücher hin und her in unserem Fürstentum zu verkaufen geschoben worden (sind), welches ihnen zu merklichem Nachteil gereicht. Und (sie haben) darauf untertäniglich gebeten, dass wir ihnen zur Erholung und Ergötzung solchen erlittenen Schadens die Gnade erzeigen und sie befreien (d. i. privilegieren) wollten, damit in einem Jahr, dem nächstfolgenden, von keinem Buchdrucker in unseren Landen, Fürstentümern, Gebieten und Obrigkeiten denn allein durch sie beide oder ihre Befehlshaber (d. i. Beauftragten) das Alte und Neue Testament lateinisch zu Wittenberg gedruckt, auch in anderen unseren Städten keine Exemplare davon verkauft möchten werden. Weil es denn die Gelegenheit hat, dass sie zur Förderung des Werkes von ihrer Nahrung etwas ein Merkliches dargestreckt (d. i. vorgestreckt) und also durch andere fremde Buchdrucker und Buchführer (d. i. Buchhändler) in Schaden und Nachteil geführt (werden), wir auch diese ihre Bitte und (Er)-suchung nicht für unziemlich (er)achten, so wollen wir sie aus demselben obangezeigten (Er)suchen und unserer fürstlichen Obrigkeit befreit und begnadet haben, als wir sie denn hiermit in und mit Kraft dieses Briefes befreien und begnaden, das die lateinischen Bibeln, welche sie jetzt kastigiert und (die sie) fürderhin von dato anfangen, ein Jahr lang in keiner anderen unseren Stadt oder anderen unseren Fürstentümern, Landen, Gebieten und Obrigkeiten gedruckt noch feilgehabt werden sollen denn allein zu Wittenberg durch obbenannte Lucas Cranach und Christen Döring oder ihre Befehlhaber. ...

(Lüdecke, Heinz (1953): Quellentexte, S. 63 und 64)

 

Herrscherlob

Das folgende Herrscherlob findet sich auf einem häufig von Lucas Cranach gemalten und verbreiteten Bild Johann des Beständigen (1468 – 1532), der zunächst zusammen mit seinem Bruder Friedrich dem Weisen und nach dessen Tod allein weiter regierte:

Nach meines lieben Bruders End´

Blieb auf mir das ganz´Regiment

Mit großer Sorg und mancher Fahr,

Da der Bauer toll und töricht war.

Der Aufruhr fast in allem Land

Wie groß´Feuer im Wald entbrannt,

Welches ich half dämpfen mit Gott

Der deutsches Land errett´aus Not.

(Jahn, Johannes, (1972), S. 609)

 

Cranach, ein wirklicher Künstler?

Die ebenso strikte wie komplizierte künstlerische Natur eines Dürer, die kompromißlose schöpferische Monomanie eines Michelangelo markieren ein jeweils gänzlich anderes Persönlichkeitsbild, als es bei Cranach zu suchen ist. Gegenüber diesen größten Zeitgenossen, aber auch anderen Künstlern seiner Epoche, scheint der Wittenberger bruchlos in seine Gesellschaft eingepaßt, dabei scheinbar das außenseiterische, widerständlerische Potential des sich freisetzenden Künstlers außer Kraft setzend, wenn nicht gar korrumpierend.

Ist es berechtigt, Cranach deshalb als künstlerisch geringer zu schätzen denn diese anderen, scheinbar typischeren, wie Dürer und Michelangelo? Wir haben lediglich aufgrund der kulturellen Orientierung an einem damals entstehenden und biographisch oft verifizierten, gleichsam absoluten Begriff vom Künstler und vom Künstlerischen eine geringere Meinung von ihm - als von einem, der Kunst und Banalitäten problemlos koexistieren ließ und nebeneinander vermarktete. Aber ist denn Cranachs Kunst als bloßer Teil - wenn auch Hauptteil - seines Fleißes, seiner Erfindungs- und Gefühlskraft, seiner Existenz zu kurz gekommen, um als solche ungeschmälert anerkannt zu werden? Schon die Tatsachen sprechen dagegen: Kein Zeitgenosse erreicht ihn in der Anzahl der Bilder (nahezu jeder Gattung), in der Verwirklichung neuer Themen und Sujets und bisher unbekannter Gefühlswelten, in der Entwicklung neuer ikonographischer Systeme (als Maler der Reformation) und als Präzeptor einer ganzen Kunstprovinz! Nicht «Außenseiter der Gesellschaft», wie man den Habitus des Künstlers seit der frühen Neuzeit auch charakterisierte, sondern ihr Insider zu sein war Cranachs Art und Stärke. Sein Talent realisierte sich nicht in der heroischen Distanz zum gesellschaftlichen Verkehr, sondern in dessen Mitte, und war so imstande, seiner Gesellschaft weitere, und zwar künstlerische Verkehrsformen zur Verfügung zu stellen.

(Hinz 1993, S.51)

 

Frauenbilder nach Schema F?

In den Jahren ab 1530 sind die weiblichen Konfektionsgrößen der Cranachschen Werkstatt ein für allemal festgelegt; ob Venus oder Lucretia Eva oder Juno, Diana und Minerva: Es sind stets die gleichen fischglatten Kind-Frauen, von schmaler, schlanker Statur, mit knappen Brüstchen und kleinem Po, langen Gliedern und dem großen, blanken Mädchenkopf auf den schmächtigen Schultern. Weder Natur- noch Antikenstudium haben diesen Kind-Frauen zur Seite gestanden, auch nicht Konstrukte der Schönheit, wie sie Dürer mit Zirkel und Richtscheit versuchte, sondern nichts mehr und nichts weniger als persönliche Neigungen, die sich im Wechselspiel mit der Nachfrage verfeinerten und verfestigten.

Cranachs, des - auch international - erfolgreichsten Aktspezialisten der Epoche, unverwechselbare Eigenart, mit der er gegen eben diese Epoche steht, läßt sich wieder einmal mit Blick auf Dürer präzisieren: denn umgekehrt proportional zu diesem, der Hunderte von Akt-Zeichnungen, aber nur einziges solches Gemälde (die Münchner Lucretia) hinterlassen hat, kennen wir von jenem neben Hunderten von gemalten nur zwei, drei oder vier gezeichnete Akte (vor allem R. 45). Man sieht daran nicht nur, daß Cranach für seine Akte keinerlei eigenes Studium nötig zu haben meinte, sondern daß er sich für den Gegenstand, den nackten Menschen, offensichtlich weder in idealer noch anatomischer Absicht interessierte. Erkennbar interessiert hat er sich anscheinend ausschließlich für die bildliche, das heißt verkäufliche Realisierung eines so konditionierten Sujets, das Nachfrage versprach und das sich darum, wie über einer Grundtonart, ebenso konstant wie abwechslungsreich variieren lassen mußte.

Über die Ursachen für den Erfolg der Cranachschen Akte, die ihren Weg bis in italienische Sammlungen der Renaissance fanden, kann man nur mutmaßen: Ob sein Frauentyp, der an Nabokovs Lolita erinnert, auch damals als pikant empfunden, aber im Gegensatz zu späteren Zeiten weniger bedenklich, weil unwirklich, schien - dieser Frage ließe sich vielleicht mit einiger Aussicht nachgehen. Den un-wirklichen Eindruck steigerte der Künstler kräftig durch Beigabe reicher Accessoires aus der Wirklichkeit. Es sind die gleichen Halsgeschmeide, Goldketten und Federhüte, die seine Prinzessinnen und Hofdamen zur Vollständigkeit ihrer Erscheinung benötigen, die nun an seinen splitternackten Geschöpfen ihr bizarres Spiel mit den Empfindungen derselben Betrachter treiben. Der legendäre Gürtel der Venus, mit dem diese alle Welt verzauberte, ist nicht wie bei anderen Malern antiquarisch rekonstruiert, sondern modisch, zeitgenössisch interpretiert.

Die in der Cranach-Literatur immer wieder bemerkte, aber selten präzisierte stilistische Re-Gotisierung tritt in der Ausstattung der Bilder noch augenfälliger in Erscheinung. Es handelt sich dabei nicht eigentlich um gotische Elemente oder Zitate, sondern um den vornehmlich aus der gotischen Kunst bekannten Anachronismus von Thema und Ambiente. Besonders in seinen zahlreichen «Paris-Urteilen» hat Cranach diesem Prinzip wie kein anderer Zeitgenosse gehuldigt. Die Geschichte von der Schönheitskonkurrenz der Olympierinnen Juno, Minerva, Venus am Berge Ida und der Richterspruch des trojanischen Prinzen, der die Alte Welt in Unheil stürzen sollte, beansprucht hier keinerlei klassisches Vokabular. Die drei Göttinnen, allesamt und unterschiedslos nackt, kennen wir bereits vom notorischen Bilde der einen, der späteren Siegerin Venus. Der phrygische Ort verwandelte sich in sächsisch-thüringisches Bergland mit stimmigen Burgen und Städten im Hintergrund; der schönheitskundige Trojaner erscheint in der Maske eines rastenden Ritters in zeitgenössischem Harnisch, und der Götterbote Merkur, der alles einfädelte, wirkt mit als alter, weiser Magier in phantastischem Habit.

Das alles ist nicht neu, doch überraschend erneuert. Zahlreiche frühere Beispiele in Buchmalerei und Holzschnitt, auf Plaketten, Kämmen, Schachteln, auf Gobelins und in Wandbildern nehmen den Cranachschen Bildprospekt in Teilen oder zur Gänze voraus. Es sind durchweg Visualisierungen im Einzugsbereich mittelalterlicher Troja-Romane und Romanzen, in denen die homerische Heroik zu ritterlicher Aventure umgedichtet und ins Milieu der herrschenden Gesellschaft gezogen wurde. So konnte es geschehen, daß etwa zwischen Paris und Lanzelot in der historischen Distanz kein Unterschied erkennbar blieb, Ursache des bemerkten Anachronismus, den man verwundert auch als «mittelalterlichen Kleiderrealismus» (Panofsky) zur Kenntnis genommen hat. Es versteht sich von selbst, daß der Schönheitsrichter kein Schwächling, erst recht kein Bösewicht sein konnte, sah sich doch die männliche Klientel gern in seiner Rolle und durften sich doch die Damen durch niemanden verständiger als durch ihn gewürdigt empfinden!

(Hinz 1993, S. 97ff)

 

Die Lenden der Venus als Polemik gegen das Himmelreich?

Nach seiner [flandrischen] Reise [1508/09] wandte sich Cranach auch der Gestaltung des nackten menschlichen Körpers zu, was eine humanistisch-fortschrittliche Parteinahme gegen die lebensfeindliche klerikale Finsternis bedeutete. Die Venus von 1509 — in der Eremitage zu Leningrad — ist das Bekenntnis des in die Wittenberger Enge zurückgekehrten Malers zu einem Hauptanliegen der italienischen Renaissance, der Gestaltung des menschlichen Körpers nach klassischen Schönheitsregeln. Man denkt vor diesem Bild — wie vor so vielen Aktdarstellungen der Zeit — an Heinrich Heines Wort: „Die Maler Italiens polemisierten gegen das Pfaffentum vielleicht weit wirksamer als die sächsischen Theologen. Das blühende Fleisch auf den Gemälden des Tizian, das ist alles Protestantismus. Die Lenden seiner Venus sind viel gründlichere Thesen als die, welche der deutsche Mönch an die Kirchentür von Wittenberg angeklebt.”

(Lüdecke, Heinz, Quellentexte, S. 19)

 

Lüsterne Aktbilder zur Kavaliersbelustigung einer entarteten Hofgesellschaft?

Wie wahr das ist, wird durch das Alterswerk des Wittenberger Meisters bestätigt, der sich in den dreißiger Jahren mit seiner Werkstatt dem damals an den Höfen in Mode kommenden Nuditätengenre zuwandte. Zu Dutzenden entstanden unter Cranachs Namen — und unter seiner Verantwortlichkeit — lüsterne Aktbilder, auf denen überschlanke Dämchen, oft mit koketten Hüten und hauchdünnen Schleiern, in geschraubtester Haltung als antike Göttinnen oder Grazien figurieren. Die Gestaltung des nackten menschlichen Körpers war von einem fortschrittlichen humanistischen Anliegen zur Kavaliersbelustigung herabgesunken. Gleichfalls als Sinnenkitzel für eine entartete Hofgesellschaft dienten nun die Cranachschen Lukretien, die sich mit Spielzeugdolchen ermorden, die vielen Judith- und Salomegemälde, auf denen schmuckbeladene kurfürstlich-sächsische Kabinettschönheiten abgehackte bärtige Männerköpfe präsentieren, und die oft minderwertigen Varianten des beliebten Themas „Der verliebte Alte". Man würde Cranach unrecht tun, wenn man die Frage unterließe, ob er die Wünsche seiner feudalen Auftraggeber gedanken- und widerstandslos erfüllte oder ob er versuchte, ihnen mit solchen Bildern einen kritischen Spiegel vorzuhalten. Sicherlich wäre es absurd, von unserem heutigen Standpunkt aus in seine Hofmalertätigkeit einen bewußten kritischen Realismus hineinzudeuten.

(Lüdecke, Heinz, Quellentexte, S. 35f)

 

Kunst, Krieg und Kommerz

Nachzutragen sind einige Zeilen über Cranachs Werkstatt- und Lebensverhältnisse. Von seinen Arbeiten für den Hof erzählen am besten eine Rechnung des Meisters aus der Zeit des kursächsisch-hessischen Feldzuges gegen Heinrich von Braunschweig eines Exekutivunternehmens des Schmalkaldischen Bundes im Juli 1542, und eine Kämmereiabrechnung von 1543. Cranachs eigene Faktura lautet:

„20 Taler für zwei große Banner, rot und grün, alles mit ungarischem Gold vergoldet;

25 Taler für 25 Fähnrichsfahnen;

38 Gulden 2 Groschen für 800 ausgestrichene, gedruckte Wappen;

4 Gulden 17 Groschen für 200 Wappen, nicht ausgestrichen;

52 Gulden für 1100 ausgestrichene Wappen, gedruckt;

3 Gulden für 40 Hellebarden rot anzustreichen und zu firnissen".

 

Die Kämmereirechnung enthält die folgenden Posten: „14 Gulden für 7 Renndecken auf die Fastnacht; 3 Gulden für 5 Sacktücher;

2 Gulden 2 Groschen für ein Tuch, so die Tochter den Vater nährt im Gefängnis; 11 Gulden 9 Groschen für die Jagd, so Herzog Moritz geschenkt worden;

2 Gulden für 42 Männlein zur Sommerkleidung; 10 Gulden für meines gnädigen Herrn und dessen Gemahlin Konterfei, so Bernhard von Mila geschenkt;

13 Gulden 15 Groschen für ein nacktes Weib gemalt; 3 Gulden für Wolfenbüttel abgemalt;

(Lüdecke, Heinz, Quellentexte, S. 36f)

 

Der Olymp im Hochzeitszimmer?

Für die Vorbereitungen zum Hochzeitsfest des Herzogs Johann, des Bruders Friedrichs des Weisen, und der Margarete von Anhalt schickte er (Cranach) 1513 auf sieben Wochen zehn Gesellen nach Torgau, wohin er auch Turnierdecken, Helmzeichen, Wappentücher und Teppiche lieferte. Das von ihm mit biblischen und mythologischen Bildern geschmückte Brautbett (Hochzeitszimmer) wurde von Phillipp Engelbrecht in lateinischen Versen besungen. Es ist ebensowenig erhalten wie die Wandmalereien und bemalten Wandbehänge, die die Cranach-Werkstatt fortlaufend neben anderen Dekorationsstücken für die kurfürstlichen Schlösser herstellte.

 

Philipp Engelbrecht über das von Cranach ausgemalte Hochzeitszimmer

... Da sieht man auf blauem Wasser den Triton zwischen Najaden und Nereiden. Hier liebkost ein Delphin einen Knaben, von einem anderen wird der Sänger Arion zum Strand getragen. Den kecken Sohn unterrichtet Venus in neuen Listen und befühlt mit der Hand prüfend seine Pfeile. Inmitten der Götter steht Paris eben im Begriff, sein Urteil abzugeben. Apollo, wegen schwerer Schuld aus dem Olymp verwiesen, weidet im Dienst des Königs Admetus auf aemonischer Flur die Schafe. Ihn forderte einst der Satyr Marsyas zum Wettkampf heraus und verlor als Besiegter seine Haut. Schon sieht man Latonas Sohn die Hände des Blutenden anfassen und diesen nach seinen Gefährten rufen. Hier behüten die Hesperiden ihre Äpfel, der Sohn Jupiters, Herkules, täuscht den Drachen und trägt seine Beute davon. Bis zu den Amazonen drang Herkules vor und brachte von dort Hippolytes Gürtel. Unter den mäonischen Mädchen soll er einst gesessen haben, und hier sitzt er auch, von Liebe gebrochen; er, der einst das Himmelsgewölbe trug, fürchtet, mit der Weiberhaube bekleidet, die Peitsche der Omphale. Dazu stellte der geistvolle Künstler den mächtigen Salomo, als Beispiel, daß einst die Frauen alles vermochten. An letzter Stelle ist die geschändete Römerin. Das Schwert ist mit Blut bespritzt, die einst sternähnlichen Augen sind halb gebrochen, das Gewand Lukretias gleitet von dem gewölbten Busen; der königliche Liebhaber war bei diesen Reizen der Verzeihung nicht unwert. Was noch von Bildern bleibt, kann ein kurzes Gedicht nicht wiedergeben.

Und das hat nicht Parrhasius gemalt, nicht Apelles, auch nicht Aristides, noch der schnelle Protogenes, sondern ein größerer als diese alle, Lucas, den das unter leuchtendem Himmel liegende Franken, den Kronach gebar. So herrlich malt er im Bild die stummen Bewegungen, daß man glaubt, die Männer atmen zu sehen. Dieser hatte mit alten Mären die reiche Lagerstatt geschmückt, und den Herrschaften war das lieb und wert...

(Lüdecke, Heinz, Quellentexte, S. 56f)

 

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