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Edelstahl 2

Bearbeitung, Oberflächenbehandlung und Pflege von Edelstahl

 

von Rainer Schröter (rainer@faltboot.de)

 

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Bearbeitung

Die Stähle werden von den Verarbeitungsbetrieben als Rohre, Stangen oder Bleche vom Stahlfachhandel in der gewünschten Qualität bezogen und dann weiterverarbeitet.
Für den Bereich des Zubehörs für Kajaks kommen eigentlich nur zwei Bearbeitungverfahren in Betracht: Schweissen und Schrauben. Ein eher selten benutztes (aber für den Bastler durchaus interessantes) Verfahren ist Kleben. Auf Bohren und Sägen gehe ich hier nicht weiter ein.
 

Schweissen

Austenitische Stähle lassen sich sehr gut schweissen, allerdings gehört die entsprechende Ausrüstung und das Wissen um den jeweiligen Werkstoff dazu. Gasschweissen (Sauerstoff-Azetylen) wird in der Regel nicht angewandt. Für unterschiedliche Edelstähle werden jeweils passende Elektroden benötigt, damit die Schweissnaht die gleichen Materialeigenschaften erhält wie der Stahl selbst.
Technisch unterscheiden sich diese Stähle von unlegierten Stählen durch eine ca. 50% höhere Wärmeausdehnung bei ca. 50% verminderter Wärmeleitfähigkeit. Zudem ist der elektrische Widerstand deutlich geringer. Im Ergebnis muß man stärker auf einen möglichen Verzug des Werkstücks und auf eine wirksame Wärmeabfuhr beim Schweissen achten.
Die beim Schweissen entstehenden Verzunderungen und Anlauffarben müssen später beseitigt werden (s.
Oberflächenbehandlung).
 

Schrauben

Lösbare Verbindungen oder Verbindungen, die einen Bewegungsspielraum erfordern werden verschraubt. Zum Bohren der Löcher benötigt man sehr gute Bohrer, am besten eine Standbohrmaschine mit Hartmetallbohrern und Flüssigkeitskühlung. Wer je versucht hat ein größeres Loch mit der Handbohrmaschine in ein dickeres Edelstahlteil zu bohren, weiß wie schwierig das geht.
Als Schrauben werden selbstverständlich ausschließlich Edelstahlschrauben verwendet, da es sonst leicht zu
Kontaktkorrosion kommen kann. Bei Schraubverbindungen ergibt sich immer die Gefahr von Spaltkorrosion, da insbesondere bei der Verwendung von Unterlagscheiben leicht Spalte bleiben, in denen Wasser lange auf den Stahl einwirken kann.
Die Verwendung von gewindeformenden Blechschrauben ist problematisch, da es zu Kaltschweißungen kommen kann.
 

Kleben

Edelstahl lässt sich prinzipiell sehr gut kleben. Natürlich müssen entsprechend große Klebeflächen vorhanden sein (das unterscheidet ihn aber nicht von anderen Materialien). Eine Vorbehandlung (schleifen, anrauhen) ist nicht erforderlich, die Klebeflächen müssen aber fettfrei und sauber sein. Als Kleber kommen Zwei-Komponenten-Kunstharze in Betracht, aber auch Ein-Komponenten Warmkleber (Epoxid- oder Phenolharze). So kann insbesondere auch mit anderen Materialien (Kunststoff, Holz) eine feste und dauerhafte Verbindung hergestellt werden.
 


Oberflächenbehandlung

Der Oberflächenbehandlung kommt insbesondere nach dem Schweissen eine große Bedeutung zu. Beim Schweissen entstehen mehr oder weniger Verzunderungen an den Schweissnähten und Anlauffarben im Bereich der Wärmezone.
Weitere Verfahren dienen der Herstellung einer glatten und/oder glänzenden Oberfläche, die neben der optischen Qualität auch eine Funktion beim Korrosionsschutz hat.
 

Mechanische Verfahren

Als mechanische Verfahren kommen Schleifen, Polieren und Strahlen in Betracht. Deren Anwendung richtet sich vor allem nach der gewünschten optischen Qualität und kann z.B. zur Erzielung von Hochglanz sehr aufwendig werden. Je nach Verfahren werden glänzende, satinierte oder matte Oberflächen erreicht. Glattere Oberflächen bieten einen verbesserten Korrosionsschutz.
 

Chemische Verfahren
 

Beizen

Insbesondere nach dem Schweissen ist Beizen oft ein notwendiges Verfahren. Mit dem Beizen werden Zunderreste und Anlauffarben entfernt, die die Korrosionsbeständigkeit des Edelstahls negativ beeinflussen würden. Gleichzeitig wird dadurch die Bildung der Passivschicht, die für die Korrosionsbeständigkeit des Stahls verantwortlich ist, beschleunigt und verbessert. Zum Beizen wird Salpeter- oder Flußsäure verwendet, die Sache ist also nicht gerade ungefährlich oder gesund. Es werden entweder Bäder oder Pasten benutzt, die später sehr gut mit Wasser wieder abgespült werden müssen.
 

Elektropolieren: Vorher / NachherElektropolieren

Dies ist ein elektrochemisches Verfahren, das die Oberfläche des Edelstahls glättet. Bevorzugt werden Materialspitzen abgetragen, so daß eine Verringerung  der Rauhigkeit erreicht wird. Je nach Ausdehnung der Behandlungszeit kann ein Glanzeffekt erreicht werden.
Elektropolieren hat also verschieden Effekte: Glattere Oberflächen haben weniger Reibung, was z.B. beim Durchlaufen von Seil durch Karabiner oder Edelstahlringe zu weniger Verschleiß und Wärmebildung führt. Durch die Glättung wird die Gesamtoberfläche verkleinert, was einen verbesserten Korrosionsschutz bewirkt. An den glatten Oberflächen haftet weniger Schmutz, sie sind einfacher zu reinigen und damit auch so stärker vor Korrosion geschützt. Nicht zuletzt wird (wie beim Beizen) die Bildung der Passivschicht beschleunigt und verbessert.
(Quelle Bild 4 und 5: Informationsstelle Edelstahl (Hg): Elektropolieren und Polieren von nichtrostenden Stählen, Düsseldorf, 1995, S. 3)
   


 

Pflege

Edelstahl ist einerseits ein sehr unproblematisches Material, das wenig Pflege braucht. Da aber Edelstahl Rostfrei nur bedingt rostfrei ist, erscheint ein Mindestmaß an Pflege angebracht, insbesondere wenn Boote im Meer oder Brackwasser benutzt werden.
 

Reinigung

Reinigung ist eigentlich das wichtigste im Bereich der Edelstahlpflege. Meerwasser sollte so bald wie möglich abgespült werden (ja, ich weiß, wenn man drei Wochen oder länger abseits der Zivilisation unterwegs ist ist das schwierig). Dennoch: Ich habe z.B. mein Klappmesser und auch das gute, scharfe Kochmesser auf unserer Reise in Thailand täglich nach der Reinigung in Meerwasser mit ein wenig Süsswasser gespült, obwohl dies eigentlich nur zum Trinken und Kochen reserviert war (zu Thailand siehe auch unseren Reisebericht).
Spätestens nach der Tour sollten die Edelstahlteile mit der gleichen Gründlichkeit gespült werden, die man seinen anderen Sachen angedeihen läßt. Darauf achten, daß keine Wasserlachen irgendwo stehen bleiben und die Stellen, an denen sich Spaltkorrosion bilden kann besonders gründlich angehen. Dort wo Schrauben, Unterlagscheiben, Verbindungen, Knöpfe etc. angebracht sind bilden sich beim Seekajakfahren oft richtige Salzkrusten, die mit einfachem Spülen gar nicht weggehen. Also dort mit der Bürste nacharbeiten (dies gilt auch für unsere Faltbootgerüste, obwohl das hier nicht Thema ist).
Stumpf gewordene Edelstahlteile kann man mit gängigen Polierpasten wieder auf Hochglanz bringen. Dies ist auch ein vorbeugender Korrosionsschutz. Vermeiden sollte man auf jeden Fall Reinigungsgeräte oder -mittel, die aus ordinärem Stahl oder Eisen sind (beispielsweise Stahlwolle!). Diese können die Passivschicht des Edelstahls nachhaltig schädigen und zu
Lochkorrosion führen. Also kratzen (falls nötig) mit Holz und schrubben mit Kunststoffschwämmen.
Nach dem Polieren sollte der Stahl etwas Zeit haben, um die Passivschicht wieder vollständig und dicht aufzubauen.
 

Schmieren und Ölen

Ein paar Tropfen Öl oder etwas Fett wirken auch bei Edelstahl Wunder. Bewegliche Teile an der Ruderanlage, an Teilungen von Paddeln, Gerüstbeschlägen etc. sollte man leicht fetten oder ölen. Dabei sollte auf keinen Fall Mineralöl verwendet werden, dies könnte den Faltboothäuten (jedenfalls denen aus Hypalon oder Gummi) schaden. Silikon soll sehr gut sein, ich habe beste Erfahrungen mit Ballistol gemacht oder mit Super-Lube aus der Tube (ich weiß nicht, ob man das hier bekommt).
Schlechte Erfahrungen wurden innerhalb der Mailingliste paddlewise mit Sprühölen wie WD40 oder Caramba berichtet. Diese begünstigen angeblich das festfressen der behandelten Teile im Zusammenspiel mit Meerwasser und Sand. Gut geeignet sind sie allerdings, um bereits festgefressene Teile wieder zu lösen (Faltbootgerüste aus Aluminium z.B. oder Steckverbindungen von teilbaren Paddeln).
 
 

Zusammenfassung und Tipps
 

  1. Stahlsorten
    Für den Süsswasserbereich und gelegentliche Benutzung im Meerwasser reicht 1.4301 (AISI 304) auch als 18/10 bekannt. Für ausgiebige Nutzung im Seewasserbereich sollte eher auf 1.4401 (AISI 316) oder bessere Stähle zurückgegriffen werden.
  2. Verarbeitung
    Glatte Oberflächen sind besser vor Korrosion geschützt als rauhe. 
    Besonders achten sollte man auf Verfärbungen und Anhaftungen, die einen Hinweis auf schlechte Nachbehandlung geben. Dies kann die Korrosionsbeständigkeit deutlich vermindern.
  3. Konstruktion
    Saubere Schweißnähte ohne Löcher zeugen von guter Arbeit und längerer Haltbarkeit.
    Verschraubungen müssen mit Edelstahlschrauben ausgeführt sein.
  4. Pflege und Umgang
    Edelstahl sollte wie alles andere Material regelmäßig gereinigt werden. Insbesondere Meerwasser sollte nicht zu lange auf den Stahl einwirken können. In Ecken, Kanten und Verschraubungen bleibt leicht Wasser zurück, das zu Korrosionsschäden führen kann, hier also sorgfältig reinigen, notfalls ab und zu die Schrauben lösen und die Teile gut reinigen.
    Auch Edelstahlteile sollten nicht ungeschützt über längere Zeit im Bilgenwasser des Boots liegen (beispielsweise Bootswagen), da der ständige Kontakt mit Salzwasser zumindest "optische Schäden" verursachen kann.
    Bewegliche Teile (Verschraubungen, Spantenbeschläge etc.) ab und zu leicht fetten oder ölen. Messerklingen ebenfalls leicht fetten.
    Keine "rostigen" Stahlteile an den Edelstahl lassen, Edelstahl wird vom Rost "infiziert".
  5. Haltbarkeit
    Wenn man ein wenig Sorgfalt walten läßt ist Edelstahl ein sehr haltbares Material. Letztlich entscheiden auch Ansprüche an die Optik, wie sorgfältig man mit Edelstahlzubehör umgeht. Selbst "rostig verfärbter" Edelstahl ist meist noch ausreichend stabil, starke Materialabtragungen dauern sehr lange. Zudem sind die meisten Zubehörteile wesentlich stabiler ausgelegt als im Normalbetrieb notwendig (und das ist gut so, auch wenn es etwas Mehrgewicht bringt).
  6. Andere Materialien
    Oft sind andere Materialien in der Praxis nicht schlechter. D-Ringe aus Kunststoff (PE) sind für den Bereich des Kajakfahrers genauso gut einsetzbar wie solche aus Edelstahl. Sie sind zudem völlig wartungsfrei. PE ist nicht 100% UV-stabil, ich bezweifle allerdings, daß ein PE-D-Ring schneller "aufgibt" als der Decksstoff des Faltboots.


 

Wer weitere Informationen zu Edelstahl benötigt, kann mir gerne schreiben (rainer@faltboot.net). Wer Fehler oder unklare Informationen findet sollte mir unbedingt schreiben, damit ich Änderungen vornehmen kann.
 

Weitere Infos zu Edelstahl Rostfrei: Informationsstelle Edelstahl Rostfrei
 
 
 

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